Vorbemerkungen zur Zellzählung

Blutzellen können sowohl manuell, d.h. mittels Mikroskop und Zählkammer, als auch maschinell, z.B. Einkanal-Impedanzmessung (siehe maschinelle Zellzählung), gezählt werden. Beide Methoden haben ihre Stärken und ihre Schwächen. Die maschinelle Zählung weist den Vorteil auf, genauere Werte zu liefern, da 40 bis 80 mal mehr Zellen gezählt werden als beim manuellen Verfahren. Hingegen sind die Zellzählmaschinen fehleranfällig, wenn bestimmte pathologische Zustände vorliegen wie massiv erhöhte Leukozytenzahlen, Erythrozyten mit erhöhter osmotischer Resistenz oder Thrombozytenaggregationen. Somit hat die maschinelle Zellzählung ihren Platz dort, wo es um die schnelle Verarbeitung grosser Mengen von Blutproben geht. Sobald sich bei der maschinellen Zählung Hinweise auf pathologische Veränderungen der Blutzellen ergeben, kommt die mikroskopische Betrachtung und Auszählung der Blutzellen zum Zuge.

Bevor die einzelnen Verfahren besprochen werden, sollen die Begriffe Richtigkeit (engl. accuracy) und Genauigkeit (engl. precision) geklärt werden, da sie von zentraler Bedeutung sind, um diagnostische Tests zu beschreiben. Was mit diesen Begriffen gemeint ist, lässt sich am besten anhand von Zielscheiben illustrieren.

Richtigkeit hoch
+ Genauigkeit hoch
= idealer Test

Der ideale Test besitzt eine hohe Richtigkeit und eine hohe Genauigkeit. Bei wiederholter Durchführung des Tests sind die Treffer einerseits alle am richtigen Ort und andererseits alle am genau gleichen Ort.

Richtigkeit mässig
+ Genauigkeit mässig
= zufälliger Fehler

Hier sind die Treffer nur um den richtigen Ort herum gruppiert, aber sie sind verstreut und somit ungenau.

Richtigkeit tief
+ Genauigkeit hoch
= systematischer Fehler

Auf dieser Zielscheibe sind die Treffer nicht am richtigen Ort, sind aber alle am genau gleichen Ort.

Richtigkeit tief
+ Genauigkeit tief
= unbrauchbarer Test

Bei der letzten Zielscheibe sind die Treffer ohne Bezug zum richtigen Ort und wahllos über die Zielscheibe verteilt. Ein solcher Test ist unbrauchbar.

Mit Genauigkeit ist somit gemeint, dass ein Test mit einer bestimmten Probe immer wieder die genau gleichen Resultate liefert (hohe Reproduzierbarkeit) und der zufällige Fehler (engl. random error) klein ist. Richtigkeit hingegen meint, dass der Test ein Ergebnis liefert, das immer wieder nahe beim richtigen Wert liegt, und dass der systematische Fehler (engl. bias) klein ist. Je weiter ein Schütze von einer Zielscheibe entfernt ist, umso ungenauer und unrichtiger werden seine Treffer. Der Distanz bei der Zielscheibe entspricht in der Analytik die Konzentration einer Substanz. Mit sinkender Konzentration nimmt die Richtigkeit linear ab, die Genauigkeit aber exponentiel.

Die manuelle Zellzählung liefert eher ungenaue, dafür eher richtige Resultate. Die maschinelle Zellzählung hingegen produziert genaue und im Falle von normalem Blut auch richtige Werte. Bei pathologischen Blutveräderungen kann jedoch ein systematischer Fehler ins Spiel kommen, der die Richtigkeit beeinträchtigt.


Erstellt am 3.6.2000, zuletzt geändert am 3.8.2000, Bemerkungen an Dr. med. U. Woermann