Kurzbeschreibung:
Die AML tritt vornehmlich bei Erwachsenen auf. Bei über 50-jährigen nimmt die Häufigkeit deutlich zu. Ohne Therapie beträgt die Überlebenszeit meist nur wenige Monate. Mit verschiedenen aplasierenden Chemotherapien kann in einem hohen Prozentsatz der Fälle eine Remission erreicht werden.
Klinisches Bild:
Die Symptomatik ist geprägt durch den Zusammenbruch der Hämopoiese. Blässe, Müdigkeit und Schwäche gehen auf die Anämie zurück. Blaue Flecken und Petechien sind durch die Thrombozytopenie bedingt. Die Neutropenie führt zu Infektionen mit Fieber. Vergrösserung von Leber, Milz und Lymphknoten tritt bei etwa der Hälfte der Patienten auf.
Hämatologie:
Eine normochrome, normozytäre Anämie besteht immer. Die Thrombozyten sind mässig bis deutlich vermindert. Die Leukozytenzahl kann zwischen <1x109/L und >100x109/L variieren. Entscheidend ist das Vorhandensein von Blasten im peripheren Blut. Azurophile Granula weisen auf das Vorliegen einer myeloischen Leukämie hin. Auerstäbchen sind besonders grosse, längliche azurophile Granula, die kristalline Einschlüsse enthalten. Auerstäbchen sind diagnostisch für eine AML.
Knochenmark:
Das Knochenmark ist in der Regel hyperzellulär. In der Peroxidasefärbung reagieren die Blasten typischerweise positiv.
Klassifikation:
Wie die akuten lymphatischen Leukämien werden auch die akuten myeloischen Leukämien auf Grund ihrer Morphologie nach FAB klassifiziert (F=French, A=American, B=British). Man unterscheidet 8 Typen:
M0 | Undifferenzierte myeloische Leukämie: Weniger als 3% der Blasten sind Peroxidase-positiv. |
M1 | Myeloblasten-Leukämie ohne Ausreifung: Die Blasten sind wenig differenziert, haben einen eher schmalen Zytoplasmasaum und ein feines Chromatin mit deutlichen Nukleolen. Im Knochenmark müssen mindestens 3% der Blasten Peroxidase-positiv sein. |
M2 | Myeloblasten-Leukämie mit Ausreifung: Die Blasten sind gross mit mehr oder weniger reichlich Zytoplasma mit azurophilen Granula. Auerstäbchen sind häufig. Ca. 20% der AML M2 weisen eine Translokation (8;21) auf. |
M3 | Promyelozyten-Leukämie: Die Blasten sind sehr reich an Azurgranula. Zudem finden sich meist zahlreiche Auerstäbchen. Morphologisch kann die typische hypergranuläre Form von der selteneren mikrogranulären Variante M3v (feine Granula und bilobärer Kern) unterschieden werden. Die durch Zelltod freiwerdenden Enzyme der Granula können zum Auftreten der wegen ihrer hohen Mortalität sehr gefürchteten disseminierten intravasalen Gerinnung führen. Diese Komplikation ist deutlich seltener geworden, seit all-trans-Retinsäure eingesetzt wird. Dieses Medikament (kombiniert mit Chemotherapie) hat das Überleben der Patienten mit M3 deutlich verbessert. AML M3 weisen die charakteristische Translokation (15;7) auf. |
M4 | Myelomonozyten-Leukämie: AML mit myelozytärer und monozytärer Ausreifung. Bei 10% der Patienten tritt eine Gingiva-Hyperplasie auf. Zur Abgrenzung gegenüber anderen Formen der akuten myeloischen Leukämie wird die unspezifische Esterase-Färbung eingesetzt. |
M5 | Monozyten-Leukämie: Infiltrationen von Haut, Schleimhäuten, Lunge, Colon, Meningen, Lymphknoten, Blase und Larynx sind sehr häufig. Über 80% der Blasten im Knochenmark sind monozytär. Man unterscheidet die Monozyten-Leukämien in Formen ohne Ausreifung (M5a) und mit Ausreifung (M5b). |
M6 | Erythroleukämie: Selten. Über 50% der kernhaltigen Zellen im Knochenmark müssen der roten Reihe angehören und über 30% der übrigen Zellen müssen Blasten vom Typ M1 oder M2 sein. |
M7 | Megakaryoblasten-Leukämie: Selten. Heute spielen bei der Klassifikation von Leukämien zunehmend immunphänotypische, zytogenetische sowie molekularbiologische Untersuchungen (z.B. Nachweis der Translokationen mit RT-PCR) eine entscheidende Rolle. |