Hämoglobin - Hämatokrit - Erythrozytenzahl - Erythrozytenindizes - RDW - Retikulozytenzahl - Produktionsindex - Senkungsrektion




Genauer ist die Bezeichnung Hämoglobinkonzentration, da die Hämoglobinmenge bezogen auf eine Volumeneinheit (L) gemessen wird. Die Hämoglobinkonzentration kann darum je nach Hydratationszustand des Patienten beträchtlich schwanken. In der Regel wird das Hämoglobin photometrisch gemessen.
Norm: Männer - g/L, Frauen - g/L.
Da bei hohen Leukozytenzahlen eine zusätzliche Trübung zustande kommt, entstehen falsch hohe Hämoglobinwerte. Darum muss spätestens ab Werten von über 50 x 109/L das Hämolysat zentrifugiert werden. Die Messung erfogt dann im Leukozyten-freien Überstand .


Dem Hämatokrit entspricht der Volumenanteil der Zellen am Blutvolumen. Der Wert wird als Fraktion ausgedrückt (Liter/Liter).Gemessen wird der Hämatokrit durch direktes Ablesen an einem blutgefüllten Röhrchen, das vorgängig zentrifugiert wurde, oder er wird durch ein elektronisches Zellzählgerät aus dem Hämoglobin und dem MCV errechnet.
Norm: Männer - L/L, Frauen - L/L. Allgemeiner Richtwert ist 0.45 L/L. Vielerorts wird der Hämatokrit auch in Prozent angegeben.


Wie beim Hämoglobin handelt es sich bei der Erythrozytenzahl um eine Konzentrationsangabe, da der Wert pro Liter gemessen wird. Die Messung kann mikroskopisch mit einer Zählkammer oder mittels entsprechender Automaten erfolgen. Da bei beiden Zählverfahren die Leukozyten mitgezählt werden, muss bei einer Leukozytenzahlen über 100 x 109/L eine Korrektur der Erythrozytenzahl erfolgen.
Norm: Männer - x 1012/L, Frauen - x 1012/L.

Erythrozytenkorrektur:

Berechnung:

Korrigiete Erythrozytenzahl =

Erythrozytenzahl - Leukozytenzahl

Beispiel:

Korrigiete Erythrozytenzahl =

4.1 x 1012/L - 220 x 109/L =
    4.1 x 1012/L - 0.22x 1012/L =

 

 

3.88 x 1012/L

 


Die Erythrozyteninidzes lassen sich aus den Werten Hämoglobinkonzentration (Hb), Hämatokrit (Hk) und Erythrozytenzahl (Ez) bestimmen. Es sind dies:

MCV (mittleres zelluläres Volumen):

Berechnung:

MCV (fl) =

Hk (L/L)
Ec (1012/L)

x 103

oder

Hk (%)
Ec (1012/L)

x 10

Beispiel:

MCV (fl) =
0.45 L/L
5.0 x 1012/L

x 103

= 90 fl

Die Norm beträgt - fl (Femtoliter = 10-15L).

MCH (mittleres zelluläres Hämoglobin):

Berechnung:

MCH (pg) =

Hb (g/L)
Ec (1012/L)

 

Beispiel:

MCH (pg) =

150 g/L
5.0 x 1012/L

=

30 pg

Die Norm beträgt - pg (Picogramm = 10-12g).

MCHC (mittlere zelluläre Hämoglobinkonzentration):

Berechnung:

MCHC (g/L) =

Hb (g/L)
Hk (L/L)
oder Hb (g/L)
Hk (%)

x 100

Beispiel:

MCHC (g/L) =

150 g/L
0.45 L/L

= 333 g/L

Die Norm beträgt - g/L.

Die Erythrozytenindices erlauben es, Anämien näher zu definieren. So kann man auf Grund des MCV die Anämien in mikrozytär (Eisenmangelanämie, Thalassämie), normozytär (Begleitanämie, renale Anämie) und makrozytär (Megaloblastäre Anämie) einteilen. Das MCH ermöglicht eine Einteilung in hypochrom (Eisenmangelanämie, Thalassämie) und normochrom (Begleitanämie, renale Anämie). Meist, aber nicht immer gehen die Begriffe mikrozytär/hypochrom, normozytär/normochrom und makrozytär/hyperchrom zusammen einher. Der MCHC-Wert wird oft als laborinterner Kontrollwert verwendet, da er bei den meisten Anämien normal bleibt. Ist ein Laborfehler ausgeschlossen, kann ein erhöhter Wert auf eine Sphärozytose, das Vorhandensein von Kälteagglutininen oder einer Exsikkose hinweisen. Ein verminderter MCHC-Wert kann man bei schwerer Eisenmangelanämie finden.

RDW = Red cell distribution width
Die RDW ist ein Mass für die Grössenvariabilität der Erythrozyten und ist somit ein numerischer Ausdruck für die Anisozytose. Sie wird von Zellzählautomaten auf Grund folgender Formel errechnet:

RDW  =

Standardabweichung des Erythrozytenvolumen
MCV

x 100

Die Norm beträgt 11.5 - 14.5 %.

Zusammen mit dem MCV erlaubt die RDW differentialdiagnostische Hinweise bei Vorliegen einer Anämie.

Normale RDW Erhöhte RDW
Normozytär

Akute Hämolyse
Sequestration durch Milz
Begleitanämie
Leukämie

Autoimmunhämolyse
frühe Mangelzustände für Eisen, Vitamin B12 oder Folsäure
Myelodysplastische Syndrome
Osteomyelofibrose

Mikrozytär

Heterozygote Thalassämien
Begleitanämie

Eisenmangelanämie
Homozygote Thalassämien
(Myelodysplastische Syndrome, reine Sideroblastische Anämie)

Makrozytär

Myelodysplastische Syndrome
Aplastische Anämie
Alkohol-induzierte Makrozytose

Myelodysplastische Syndrome
Vitamin B12- und Folsäure-Mangel

Hilfreich ist die RDW bei der Unterscheidung zwichen Eisenmangelanämie und Begleitanämie.

RDW MCV
Eisenmangelanämie

erhöht

normal oder vermindert

Begleitanämie

normal

normal oder vermindert


Da Retikulozyten in der Färbung nach Pappenheim nicht erkennbar sind, müssen diese durch die sogenannte Supravitalfärbung (Anfärbung eines unfixierten Ausstrichs) zur Darstellung gebracht werden. Bei dieser Färbung sind die Retikulozyten an netzartigen Niederschlägen erkennbar. Die Retikulozyten werden im Mikroskop im Verhältnis zu den Erythrozyten gezählt. Der Normwert beträgt 0.5 bis 2 % der Erythrozyten. Dieser Wert korreliert gut mit der Tatsache, dass die Retikulozyten im peripheren Blut rund 1-2 Tage (ca. ein Hundertstel der Lebensspanne der Erythrozyten) benötigen, um zu Erythrozyten auszureifen. In absoluten Zahlen ist der Normwert - x 109/L. Die Angabe in absoluten Werten ist vorzuziehen.

Berechnung:

Absolute Retikulozytenzahl

=

Erythrozytenzahl x Retikulozyten in %
100

Beispiel:

Absolute Retikulozytenzahl

=

3.8 x 1012/L x 2.8%
100 

 

 

=

0.106 x 1012/L =  106 x 109/L

Retikulozytenproduktionsindex (RPI)
Je jünger Retikulozyten aus dem Knochenmark ausgeschwemmt werden, um so länger ist ihre Ausreifungszeit und um so länger sind sie im peripheren Blut nachweisbar. Da dies zu falsch hohen Werten führt, ist es empfehlenswert, bei Vorliegen einer Polychromasie als Ausdruck einer gesteigerten Erythropoiese eine Korrektur vorzunehmen. Diese erfolgt in Abhängigkeit vom Hämatokrit und von der vorzeitigen Ausschwemmung der Markretikulozyten bei einer Anämie. Daraus ergibt sich dann der Retikulozytenproduktionsindex. Der Normwert beträgt 1 (eins). Ein Wert unter 1 bedeutet eine im Verhältnis zur Anämie unzureichende Produktion (hyporegenerative Anämie).

Berechnung:

RPI

=

Retikulozyten in %
F

Beispiel:

RPI bei Hk von 0.20 L/L

=

7.5%


5.1

= 1.47

 

Korrekturfaktor F zur Berechnung des Produktionsindex

Hk

F

Hk

F

Hk

F

Hk

F

0.10

12.4

0.19

5.5

0.28

3.0

0.37

1.7

0.11

11.0

0.20

5.1

0.29

2.8

0.38

1.6

0.12

9.9

0.21

4.7

0.30

2.6

0.39

1.5

0.13

9.0

0.22

4.4

0.31

2.5

0.40

1.4

0.14

8.2

0.23

4.1

0.32

2.3

0.41

1.3

0.15

7.5

0.24

3.8

0.33

2.2

0.42

1.2

0.16

6.9

0.25

3.6

0.34

2.1

0.43

1.2

0.17

6.4

0.26

3.4

0.35

1.9

0.44

1.1

0.18

5.9

0.27

3.2

0.36

1.8

0.45

1.0

Senkungsrektion
Eigentlich gehört die Senkungsreaktion nicht zu den Parametern des roten Blutbildes. Da ihr Ausfall aber von verschiedenen Veränderungen der Erythrozyten abhängt, wird sie hier besprochen. So ist sie bei Anämien und Makrozytose beschleunigt, während sie bei Polyzythämie, Mikrozytose und Akanthozytose vermindert ist. Ein erhöhtes Fibrinogen (Entzündungen, Infektionen, Neoplasien) führt ebenfalls zu einer Beschleunigung der Senkungsreaktion.
Die Senkungsreaktion ist eine billige und schnell durchzuführende Untersuchung. Sie ist in erster Linie ein unspezifischer Indikator für chronische entzündliche Prozesse und kann Auskunft über das Ausmass des Prozesses geben. Da sie aber mit einer 24-stündigen Verzögerung ansteigt, wird vielerorts bei akuten entzündlichen Prozessen dem schnell reagierenden C-reaktiven Protein (CRP) der Vorzug gegeben. Bei der Diagnose und zur Verlaufskontrolle von Polymyalgia rheumatica und Arteriitis temporalis ist sie von zentraler Bedeutung. In der Onkologie gilt sie als wichtiger Indikator eines Rezidivs bei M. Hodgkin. Eine erhöhte Senkungsreaktion durch Paraproteine wird beim Multiplen Myelom beobachtet. Eine Senkungsreaktion über 100 mm/1. h ist fast immer mit einer schwerwiegenden Grundkrankheit verbunden. Eine Schleierbildung bei der Senkungsreaktion ist ein Hinweis auf eine erhöhte Retikulozytenzahl.
Beim Vorliegen von Kälteagglutininen beobachtet man bei Zimmertemperatur eine beschleunigte Senkungsreaktion. Nach Inkubation des Blutes bei 37°C fällt sie jedoch deutlich niedriger oder sogar normal aus.
Norm: Männer - mm/1. h, Frauen - mm/1. h.
Mehr zur Durchführung und Interpretation der Blutsenkungsreaktion finden Sie im Kapitel "Hämatologische Labortechnik".


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